Wollen wir das wirklich?
Ich hätte ja einiges zu tun, kann mich aber nicht konzentrieren, denn im Moment spukt da so ein kleiner, kaputter Husky in meinem Kopf herum. Die drängenden Fragen sind: Wollen wir das wirklich? Kann ich ihm helfen, bekomme ich das hin – ist das überhaupt machbar? Passt er zu uns, kommen wir miteinander klar? Sind wir sicher, dass wir überhaupt einen Hund wollen?
Klar, mein Sohn will. Er wollte schon immer einen Hund. Jungs halt. Nun hat sich auf der Facebook-Seite den Film und die Fotos von Zoltan angeguckt und meinte: „Nehmen wir. Und wenn mein ganzes Konfirmationsgeld dafür draufgeht.“
Ich bin da etwas skeptischer. Ich hatte noch nie einen Hund. Huskys sind Schlittenhunde. Schlittenhunde haben ihren eigenen Kopf. Die gehören nicht nach Deutschland (ok, nach Zypern noch viel weniger). Die gehorchen nie.
Hm. Hütehunde darf man als Normalsterbliche aber auch nicht halten, die gehorchen zwar, müssen aber quasi pausenlos beschäftigt werden, damit sie nicht durchdrehen. Hm. Jagdhunde darf man auch nicht halten, die gehören nur in die Hände von Jägern. Und was ist mit Schoßhunden? Darf man die denn einfach so halten? Abgesehen davon, dass die meisten doch eher klein sind und ich schon gern einen etwas größeren Hund hätte? Nein, die sind überzüchtet, finden es furchtbar, keine richtige Aufgabe zu haben und überhaupt, die darf man eigentlich überhaupt gar nicht halten.
Gut, und was macht man nun als Mensch, wenn man keine Erfahrung hat, kein Musher, Schäfer oder Jäger ist und trotzdem einen Hund halten möchte? Ist das wirklich alles so schlimm? Wenn da ein Musher mit 8 oder mehr Hunden durch Eis und Schnee fährt, muss das doch funktionieren. Da kann doch nicht Hund Eins sagen, och, ich gehe jetzt mal jagen, Hund Zwei meint, er macht jetzt mal Pause, Hund Drei will nach links, Hund Vier nach rechts und Hunde Fünf bis Acht diskutieren noch. Da müssen doch alle auf Zuruf arbeiten und zwar zuverlässig, anders geht das doch gar nicht.
So, aber wollen wir das wirklich? Ein Hund wird nicht erwachsen, der bleibt ein Hund, auf den ich immer aufpassen muss – jedenfalls in diesem Teil der Welt. Klar kann ein Hund auch allein Entscheidungen treffen und wunderbar allein klarkommen. Megs, die kleine Red Cattle Hündin in Australien, hat das gemacht. Die hatte zwar ihre Menschen, die sie geliebt hat, keine Frage, aber sie hatte auch viel Freiheit.
Früher war das hier auch so. Hofhunde waren eigentlich an der Kette, aber wenn die Bauern im Stall waren, wurden sie losgemacht und konnten sich frei bewegen. Ich kannte mal einen kleinen Blacky, so einen ganz charmanten Mix, und der ist dann auch gern mal in den Nachbarort gelaufen und hat die Damenwelt bespaßt. Das wäre heute gar nicht mehr möglich. Das würde sofort bei FB stehen, jemand würde ihn einfangen, die Polizei rufen oder ihn ins Tierheim bringen. Unser Hund müsste also ständig beaufsichtigt werden. Gut, aber andere Leute schaffen das auch. Und dieser kleine Husky da auf Zypern, der braucht jemanden, der ihm helfen kann. Ich bin APM-Therapeutin und Tierheilpraktikerin und Pferdeosteopathin. Ich kann das. Punkt.
Claudia hat geantwortet und um meine Telefonnumer gebeten. Sie will mich in den nächsten Stunden anrufen. Ich bin gespannt. Eigentlich denke ich, wenn sie mit mir reden will, gibt es was zu reden – wenn ich so gar nicht in Frage käme, müsste sie nicht reden, oder? Andererseits – vielleicht findet sie es netter, mir das persönlich zu sagen. Gut, dann ist es so. Dann ist Zoltan eben nicht unser Hund. Aber vielleicht ist er es ja doch. Wer weiß.
Ich habe gerade den Text zu Zoltan noch mal gelesen, mit dem eine Familie für ihn gesucht wird – irgendwie kann ich das alles gar nicht richtig aufnehmen. Er ist teilweise gelähmt, Tiefensensibilität ist vorhanden und er kann wieder laufen lernen. Ok. Schön fänden sie dafür Goldakupunktur und Physio. Goldakupunktur kenne ich nicht wirklich, Physio kann ich nicht, aber APM, passiv bewegen, massieren und vielleicht Magnetfeldtherapie. Mit Schüßler-Salzen unterstützen, vielleicht Homöopathie, sicherlich auch Bachblüten.
Zoltan ist übrigens das ungarische Wort für Sultan. Das passt ja nicht wirklich zu einem Schlittenhund, finde ich.